Deutsch-türkische Friseurlektüre 1

Deutsch-türkische Friseurlektüre 1

Bevor es in den Urlaub geht, habe ich mir die Zeit genommen zum Friseur zu gehen. Und als ich da so saß (hier in Stuttgart), wurde mir wieder einmal klar, dass ich mir meine Haare ausschließlich von türkischen Friseuren schneiden lasse. Warum eigentlich?

Nicht dass sie besser Haare schneiden könnten (obwohl … ohne, den deutschen Friseuren näher treten zu wollen). Nein, es ist nicht nur der Haarschnitt.

In der Türkei zum Friseur zu gehen ist nämlich weiblicher Volkssport. Zudem sollte ich erwähnen, dass Friseur ein Männerberuf ist … ich find das nett. Schwul sind sie übrigens nicht, meistens nicht; das sagt man männlichen Edel-Friseuren ja so nach hier … zumindest mein Friseur in Istanbul, der übrigens wahrhaftig kein Edel-Friseur ist, sondern ein “mahalle berberi” ist kleinwüchsig, mit Bauch, Halbglatze einem osmanischen Schnurrbart … trägt meistens ein gestreiftes Hemd und grundsätzlich eine geschmacklose Bundfaltenhose. Das Tolle an der ganzen Sache ist, dass der türkische Friseur gleichzeitig auch eine Art “Tratschpsychologe” ist.

Das Szenario muss man sich so vorstellen. Sie betreten einen Friseursalon. Laute Radiomusik (und dazu meistens auch noch furchtbarer Pop) dröhnt aus einem alten Kassettenrekorder – meistens ist das nervige Rauschen mit dabei … das scheint da aber schon seit Jahren niemanden zu stören. Ausgeschaltet wird der nur, wenn der Imam zum Gebet aufruft – das ist Pflicht! Der Laden ist voll. Chaos. Geschrei, weil man zwischen den föhnenden Haartrocknern und dieser nervigen Musik nichts versteht. Autos hupen auf der Straße – das ist auch Pflichtprogramm in Istanbul. Naja, ein Blick in den Spiegel. Umdrehen tut sich da keiner. Er sieht dich an durch den Spiegel an und zwinkert mit dem Auge (das heißt soviel wie: Was willst du? Wie kann ich dir helfen?). Du fragst/schreist, ob er Zeit hat. Und er nickt mit dem Kopf, macht einen Kopfschwenk nach rechts (das heißt: Setzt dich!) … ich sag doch: Kommunikation geht über die Augen. Wozu Worte?

Man setzt sich hin und wartet neben 5 weiteren Frauen, die veraltete und zugleich zerfetzte Frisuren Zeitschriften durchblättern – seit Monaten die gleichen übrigens und das Schauspiel beginnt.

Kein türkischer Friseur wird Dich jemals wieder zur Tür rausschicken, man hat immer Zeit. Terminvereinbarungen gibt es nicht, genauso wie keine Busfahrpläne, man überlässt alles dem Zufall. Nicht so geplant und organisiert, wie wir das hier gewohnt sind – speziell in Stuttgart. Auch samstags, wenn die Braut sich die Haare hochstecken lässt und die gesamte weibliche Sippschaft wartet bis sie an der Reihe sind, schickt Dich keiner aus dem Laden … was ein Kundenservice ;)

Ach ja … wir unterscheiden in der Türkei zwischen Friseuren.

1) Berber = Barbier = Männerfriseur

2) Kuaför = Coiffeur = Frauenfriseur

Und kein Kuaför kommt auf die Idee, Männern die Haare zu schneiden und andersrum. Die Läden sind übrigens auch separat … so als würde der eine Bäcker nur Brezeln und der andere nur Brötchen verkaufen … (Fortsetzung folgt)

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2 Kommentare zu „Deutsch-türkische Friseurlektüre 1“

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