Paranoide Tendenzen

Paranoide Tendenzen

Ich glaube, dass ich paranoid werde. Und der berühmteste Bundesbankpensionär Deutschlands dürfte schuld sein.

Während ich das hier schreibe, sitze ich in einem ziemlich vollen Zug und um mich herum sitzen jede Menge Menschen. Rein rechnerisch könnte jeder 204,375. ein Exemplar seines Buches (bei mittlerweile 400.000 verkauften) besitzen. Was, wenn mein Gegenüber eben dieses aus seiner Tasche holt und mir ins Gesicht hält? Zerfalle ich dann vielleicht zu Asche? Versucht er mit seiner „Sarrazin-Fibel” womöglich eine Art Migranten-Exorzismus, mit dem er mich aus Deutschland zu vertreiben gedenkt?

Nein, ich habe keine bewusstseinserweiternde Dosis „Hart aber Fair-störend“ oder ein anderes Opium für das Volk intus, dennoch überkommen mich seltsame Vorstellungen, z.B. wie innovativ es doch wäre, den Sarrazin-Schmöker öffentlich zu verbrennen. Aus purer Überzeugung natürlich. CNN und NTV habe ich dennoch rechtzeitig informiert.

Ach und da kommt auch schon der Schaffner. Wie er mich schon anschaut von da drüben. Wetten er ruft gleich: „Fahrscheine bitte! Übrigens auch der integrationsunwillige Herr mit dem Notebook auf dem Schoss.“
Wer hat sich eigentlich den Begriff “Aufnahmegesellschaft” ausgedacht? Ich dachte immer Ölreste nimmt man auf. Dabei bin ich nicht mal ein schmieriger Typ.

Sie vermuten jetzt bestimmt, dass mir die letzte Tasse Mokka nicht gut bekommen ist und empfehlen mir schleunigst eine Behandlung. Mag sein. Dabei mag ich Mokka nicht mal besonders.

Doch was, wenn etwas dran wäre an meinem Verfolgungswahn, dem Gefühl des Nicht-Willkommen-Seins im deutschen Spätsommer 2010? Was, wenn bereits vor Jahren der Direktor meiner ehemaligen Berufsschule, bei der feierlichen Übergabe meiner Urkunde zum Abschlussbesten, insgeheim gedacht hat: „Hat zwar genetisch gesehen Defizite der Junge aber sonst ein ganz guter Schüler.“ Mir wird gerade ganz anders. Ja ja, der Mokka.

Paranoia erzeugt Angst.

Was, wenn meine Nachfahren, tatsächlich dafür sorgen könnten, dass die Deutschen aussterben? Dann wäre ich ja mit Schuld. Wer soll denn dann bitte noch „vegetarischen Döner“ bestellen? Werden dann auf „KochDichTürkisch“ keine türkischen Rezepte mehr erscheinen, weil die deutsche Zielgruppe auf dem kurzen Dienstweg ausgerottet wurde? Würden dann nur noch solche paranoiden Beiträge gepostet? Was passiert mit ARTE, Die Zeit und Roger Willemsen im Zuge der Verdummung aus dem Morgenland?
Wie konnte dieser Thilo solche Aspekte außer Acht lassen?

Ängste kann man besiegen.

Es mögen täglich mehrere Froscharten auf dieser Welt aussterben aber eins verspreche ich Ihnen: Die Deutschen werden es nicht! Dafür mag ich euch zu sehr. Würde ich nie zulassen. Also bitte seien Sie kein Frosch!

An dieser Stelle möchte ich Sie und mich beruhigen. Ich werde wohl doch nicht paranoid. Just in diesem Moment fällt mir nämlich ein, dass ich heute zwei statt einer Tasse Kaffee getrunken habe. Und wissen Sie, Kaffee bekommt mir nicht besonders.

Mokka übrigens auch nicht!

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7 Kommentare zu „Paranoide Tendenzen“

  1. So lustig kann man Bosheiten betrachten!
    Es gibt Mitmenschen, da fragt man sich als Deutschgebürtiger (Sorry – den Quatsch mit dem IQ habe ich mir nicht ausgedacht), warum ist Deutschen eigentlich noch nicht ausgestorben, dann müsste ich mich jetzt nicht so sehr fremdschämen…
    Dem Herrn mit dem Buch kann das egal sein – er verdient sein Geld mit diesem Blödsinn. Was aber in 20 Jahren – wenn dieses “Werk” zur heiligen Bibel geworden sein sollte?
    Wie sagen die Deutschen in einem Sprichwort: “Die Doofen werden niemals alle – jeden Morgen steht ein Neuer auf!”
    Ich habe jedenfalls mit Ihnen herzlich lachen können, über soviel horrenden Unfug auf einen Haufen. ;-)
    Danke!

  2. *** ha – und nun habe ich gleich einen Beweis über meinen IQ geliefert :lol: – soll natürlich nicht “Deutschen” – sondern “Deutschland”
    Für Herrn Sarrazin bestimmt auch ein Beweis seiner Thesen… :-D

  3. Ja unser Thilo hat ja einen richtig französischen Namen und dessen nicht genug bedeutet dieser Sarazene d.h. eine veraltete Bezeichnung für Araber und Muslime. Und eigentlich sieht er auf den Fotos auch recht türkisch aus (tut mir auch leid).In einem solchen Fall, wenn man etwas schwache Nerven hat versucht man seine Integration durch Exklusion (hier u.a. über das Schreiben eines Buches) zu sichern.
    Das machen ja viele, jeden Tag, bei der Arbeit, in der Schule
    und überall. T.S. Luxusversion des charakterschwachen Opportunisten. Was wirklich schlimm ist, das ist die Tatsache, dass dieser Kerl mit seinem Schwachsinn eine bundesweite Debatte entfachen, hunderttausende Bücher verkaufen und einen Haufen Geld damit verdienen kann.
    Und schlimm auch (v.a. für mich), dass wir in Frankreich nicht einmal sagen können, dass es bei uns besser steht.
    İyi günler!

  4. Es ist beschämend. Und es macht traurig und ich ärgere mich über die vielen “pro forma” Käufe, die mit zum Erfolg des Buches beitragen und den ganzen Mist auch noch hochpushen.
    Integration durch Exklusion – ein interessanter Gedanke. Wobei: was die Etymologie des Namens angeht, dürfte diese dem Gros seiner Leserschaft hier ohnehin völlig unbekannt sein. Insofern hätte er sich die Mühe ruhig sparen können.

    Es ist schön, wenn man die ganze Sache wie im Artikel mit Humor betrachten kann! Eigentlich sollte man darüber lachen und solchen Thesen nicht auch noch weiter Beachtung schenken. Eigentlich. Aber wenn ich sehe, wie die Aussagen in meinem Umfeld zum Teil ankommen, kann ich es leider nicht.

    1. Vielen Dank für das nette Feedback.
      Ein sehr wohltuendes Gefühl (ich merke förmlich wie die Paranoia nachlässt), dass in diesem Land das “Miteinander” nicht nur durch Worthülsen zweckentfremdet wird.
      Lasst euch nicht erzählen, dass unser kosmopoltisch-globales Grundverständnis tot ist oder Hirngespinste darstellen.
      Und allen anderen Mit-Paranoiden empfehle ich: Raus aus der Schockstarre… ;)

  5. Pingback: 5 Jahre KochDichTürkisch > Interviews mit den Machern > Yusuf …der Sprachakrobat! | KochDichTürkisch

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