Wer hat’s erfunden?
Oft bekommen wir die Frage gestellt: „Wer hat‘s erfunden?“. Oder schlimmer noch: wir werden beschimpft. Es geht hier also heute um den Ursprung bzw. um die Herkunft von Speisen.
Im Gebiet der heutigen Türkei, also Kleinasien und Anatolien, haben schon so viele Ethnien, Völker und Menschen unterschiedlichster Glaubensrichtungen über Jahrhunderte hinweg zusammen gelebt. Davon auch einige, die heute nicht mehr existieren. Da ist es schwer, zu erkennen, wo die Ursprünge bestimmter Speisen liegen. Wir kochen was wir in der Türkei gegessen haben und gehen der Herkunft von Speisen auf den Grund.
Oft führt die Frage über die Herkunft von Speisen, bzw. Zugehörigkeit der Köstlichkeiten zu Streit zwischen Menschen, Ländern und Völkern. Das leckere Humus, den im Nahen Osten einige einzig und allein für sich beanspruchen, ist wohl das bekannteste Bespiel dafür. Aber wir sehen es als kulturelle Bereicherung und als verbindendes Element diese tollen Speisen mit anderen Ländern zu teilen. Es sollte keine Grundlage für ein Streitgespräch sein, sondern eher ein Antrieb dem Ursprung in Büchern, Archiven oder auf Reisen auf den Grund zu gehen.
Speisen überschreiten die Landesgrenzen
Pierre Raffard, den wir vor Jahren bei der Recherche zu unserem Kochbuch KEBAPlar kennengelernt haben, ist ein französischer Doktor der Geografie. Er hat sich sehr intensiv mit dem Zusammenhang von Ernährung und Migration in Gaziantep einer Stadt im Südosten der Türkei beschäftigt. Die Küchen haben, laut Raffard „nicht dieselben Grenzen wie die Länder“. Dem können wir nur hinzufügen: Gott sei Dank! Denn erst durch diese Vermischung der Küchen entsteht Vielfalt und Neues. Und genau das macht die Speisen so interessant.
Vielmehr gibt es bestimmte Regionen die bestimmte Speisen beanspruchen können. Ägäische Küche fällt mir da als erstes ein, also griechische und türkische Köstlichkeiten, Meze (bzw. Mezedes), Meeresfrüchte, Gemüse- und Süßspeisen. Viele Speisen werden auf beiden Küstenregionen gleich oder sehr sehr ähnlich zubereitet. Ist ja auch logisch, die Völker haben Jahrhunderte mehr oder weniger friedlich zusammengelebt. Oder die momentan so trendige Küche der Levante (Naher Osten und östliches Mittelmeerraum), also Südost-Türkei, Syrien, Libanon, Jordanien, Palästina und Israel.
Manche Speisen kann man bestimmten Glaubensgemeinschaft zuordnen. Religiöse Ausprägungen mit „nicht erlaubten“ oder „bevorzugten“ Lebensmitteln verschafft sich im Essen ganz deutlich Ausdruck. Die Menschen werden angesichts von Verknappung sehr kreativ und so werden sehr schöne neue Rezepte kreiert. In der Türkei leben sehr viele verschiedene Glaubensgemeinschaften zusammen.
Herkunft von Speisen ist ein Potpourri
Viele Gerichte sind ein Potpourri aus den angrenzenden Gebieten, Menschen und Kulturen. Sie sind eingebunden in das Klima, die Vegetation, Religion, Geschichte und auch die Wirtschaft. Pierre Raffard führt als einfaches Bespiel für seine These das Gericht „yoğurtlu patlıcan yemeği ~ Auberginenspeise mit Joghurt“ an. „Joghurt ist ein Vermächtnis der Normaden. Auberginen stammen ursprünglich aus dem Iran. Für die Zubereitung benötigt man gutes natives Olivenöl, welches als byzantinisches Erbe betrachtet wird. Garniert wird das Gericht mit Chiliflocken, die aus Süd- und Mittelamerika stammen. Jeder würde behaupten, dass dieses Gericht ein Türkisches ist. In Wirklichkeit ist es jedoch das Resultat vieler historischer Wechselwirkungen. Deshalb sage ich anatolische Küchenkulturen, nicht türkische Küche. Es gibt auch jüdische, armenische, griechische, byzantinische und arabische Einflüsse in Anatolien.“
Essen ist Ausdruck von Identität und Zugehörigkeit
Essen und Trinken gehören zur kulturellen Identität, sie prägen uns Menschen ungemein. Egal wo ich mich gerade auf der Welt befinde, an einer reich gedeckten Tafel, mit den Speisen meiner Kindheit, fühle ich mich sofort “Zuhause”. Auch deshalb ist es uns ein Anliegen die Gemeinsamkeiten, sowie die regionalen Unterschiede in der Esskultur aufzuzeigen und damit die kulturelle Vielfalt zu erhalten.
Ernährung ist mehr als nur „Energieaufnahme“, zumindest in diesen Teilen der Erde. Sie ist Ausdruck des Selbstverständnisses und eines Lebensstil geworden ist. Emotionen die mit dem Zubereiten der Speise einhergehen, die stundenlangen Gespräche, das Lachen, die Feste, die Feiern und auch das Teilen von schmerzlichen Ereignissen an wunderschön gedeckten Tafeln die einem Gemälde gleichen – das sind alles Dinge die das “Essen als Notwendigkeit” übersteigen, sie bereichern und verschönern unser aller Leben. Esskultur gibt uns halt in einer sich ständig wandelnden Welt. Besonders denen, die in andere Gegenden der Welt ausgewandert sind, wie unsere Eltern oder Großeltern.
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