Rezension: Manifest der Vielen – Herausgegeben von Hilal Sezgin

Manifest der Vielen

Haben Sie zwischen Killing-Osama, Loving-Obama, radioaktiv verseuchtem Sushi und nordafrikanischen Profi-Despoten etwas Zeit für mich und 29 weitere Migranten? Was kann man normalerweise erwarten, wenn man mit einer so großen Gruppe Migranten konfrontiert wird? Ein Fussball-Bundesligaspiel? Einen Gebrauchtwagenmarkt? Oder gar den Integrationsgipfel im Bundesinnenministerium? Nichts von alledem.

Aufgepasst, es geht um die intellektuelle, – Gott sei Dank – in weiten Teilen emotionale, trotzdem irgendwie beruhigend sachliche Abrechnung mit dem Trauma der Sarrazin`schen Deutungshoheit über mögliche Wahrheiten in unserer bundesdeutschen Gesellschaft.
Die bekannte Autorin, Publizisten und Journalistin Hilal Sezgin hat mit der Herausgabe des „Manifest der Vielen“, 29 Texte und Beiträge diverser mehr oder weniger medial auffälliger, sich offen als Migranten bekennender Autoren, Künstler und Wissenschaftler zusammengetragen. Ihre Aussagen setzen sich am Ende zusammen zu einem Manifest. Die Herausgeberin ermöglicht uns somit einen bemerkenswerten Blick auf die Meinung und Gefühlswelt ausgewählter und vor allem aufgewühlter Betroffener einer in weiten Teilen Amok laufenden Diskussion.

Warum dieses Buch?

„Anatolische Wutbürger“ mögen Sie jetzt denken, doch die Herangehensweise an das Thema durch Feridun Zaimoğlu (warum kein stummes G auf dem Cover?), Hatice Akyün und den VIELEN anderen ist zwar in weiten Teilen geprägt von Leidenschaft und durchaus auch Verletzbarkeit aber niemals von Aggressivität oder Fatalismus.
Wie ein Spiegelbild unserer pluralistischen Gesellschaft erscheint die heterogene Herangehensweise der Autoren. Unterschiedliche Stilmittel kommen zum Einsatz, aber in jedem Beitrag geht es im Kern um die persönliche Auseinandersetzung mit dem sich verändernden Umfeld und der Wahrnehmung der Lebenswelt Migrant in Zeiten der „Abschaffenden“ und der „Abgeschafften“.

Seelenstriptease für die Zielgruppe?

Der eine oder andere Beitrag darf dann auch Kernaussagen vom Vorgänger wiederholen  und diese mit den eigenen Facetten der Vita ergänzen und manchmal hat man als Leser das Gefühl, in einem dieser TV-Talkshows zu sitzen, in dem der nächste Vorzeige-Migrant aus dem Rechtfertigungs-Hut gezaubert wird.
Doch die Beiträge, die sich bei mir im Kopf festgesetzt haben, haben eine andere Verve.
Hier schreiben Menschen, die sich nicht rechtfertigen müssen, dass sie auch ja angekommen sind in der deutschen Gesellschaft.

Sie waren nie weg!
Und deshalb sind wir 29 und ein weiterer Migrant…

1 Kommentar zu „Rezension: Manifest der Vielen – Herausgegeben von Hilal Sezgin“

  1. Ich habe das Buch geradezu verschlungen – an zwei Abenden! und bin restlos begeistert – in vielem hab ich mich wieder erkannt: es spricht mir einfach aus der Seele! Ein wirklich tolles Buch :-)

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