Meine Name ist türkisch!
Gestern Abend hab ich mir mal wieder eine HartAberFair Folge angeschaut und das aktuelle Thema hat mich vollends angestrahlt… „Integration im Praxistest – Wie viele Einwanderer verträgt Deutschland?“. Es folgten wieder einmal Diskussionen, die vom absolut objektivem Moderator Plasberg torpediert wurden. Nicht nur, dass der Titel provokativ genug war – nein, man musste mit der Umfrage auf der Homepage noch einen draufsetzen:
Wer muss mehr für Integration tun?
Ergebnis:
- a) die Deutschen: 4 %
- b) die Migranten: 76 %
- c) beide Seiten gleich viel: 20 %
Schon wieder diese Trennung in Migranten (wobei nur Muslime gemeint sind) und Deutsche bürgt nicht von Feingefühl der Redaktion. Immer schön den Finger in die Wunde halten! Fair ist das nicht! Ich will aber eigentlich nicht über die Sendung weiter schreiben, sondern über einen Gastbeitrag, der von Herrn Plasberg vorgelesen wurde und mich persönlich immer wieder beschäftigt. Martin S.: „Was hat diese Frau (Frau Nas) mit Deutschland zu tun? Sie hat einen türkischen Namen, trägt türkische Kleidung und sieht türkisch aus. Wo bleibt die Annäherung. Mein Vater (Kroate) hat uns damals deutsche Vornamen gegeben um
uns besser in Deutschland zu integrieren…“ Frau Nas hat dann die klare Unterscheidung zwischen Integration und Assimilation mit Unterstützung des Brockhaus erklärt. Wenn man sich “ähnlich macht” dann wird assimiliert, Integration ist aber ein Miteinander der unterschiedlichen Kulturen (auf Wikipedia gut erklärt).
Diese Aufgabe steht mir auch bevor. Wenn ich Vater werde, dann stehe ich auch vor der Thematik: Welcher Vorname? Abgesehen davon, dass man sich mit seinem Partner über den Namen einig sein möchte, kommen aber für uns noch zwei weitere Punkte hinzu: Kann man den ausgewählten Namen in Deutschland gut aussprechen und soll er türkische Buchstaben enthalten, die im deutschen Alphabet nicht vorkommen? …und soll das ein Hindernis sein? Klar – wir könnten ja deutsche Namen nehmen… Nein! Es ist uns absolut wichtig, dass unsere Kinder ihre Herkunft, ihre Kultur beibehalten und diese weiterleben. Schade finde ich es, wenn wir (wir Deutschtürken) unsere Namen angleichen bzw. assimilieren. Aus Mehmet Kurtuluş wird Mehmet Kurtulus, aus İlkay Gündoğan wird Ilkay Gündogan, aus Zaimoğlu wird Zaimoglu.
Im Alltag sehe ich es andauernd. Für mich persönlich lege ich besonders Wert darauf, dass mein Cedille (ç > ausgesprochen „tsch“) im Nachnamen richtig geschrieben wird. Am Klingelschild und in der E-Mail ist es kein Problem, denn da habe ich es selbst in der Hand. Nur wenn es jemand anders schreibt, dann nicht. In meinem Personalausweis fehlt es leider noch, denn bei meiner deutschen Einbürgerung hat es das deutsche Amt (im Jahr 2005) einfach ignoriert. Damit es korrigiert wird, musste ich jetzt meine Geburtsurkunde ändern lassen. Hat auch geklappt (hier muss ich das Standesamt Düsseldorf und Essen loben, denn es war problemlos und sogar kostenfrei). Aber wenn man mich per E-Mail anschreibt und das ç benutzt, fühle ich, dass mein Gegenüber meine Herkunft anerkennt und respektiert. Es ist nur eine Kleinigkeit, aber es ist mir sehr viel wert, denn mein Name ist und bleibt türkisch!
Daher wünsche ich mir als Zeichen der Integration von der deutschen Gesellschaft (und damit sind alle gemeint – jede-Ethnie-stämmig), dass alle Namen mit ihren ursprünglichen Zeichen/Buchstaben geschrieben werden! Die Aussprache kann man immer erfragen, kein Problem. Oder?
Zum Abschluss empfehle ich den aktuellen Podcast von Osman Engin (Geschichten aus dem Osmanischen Reich) > Der Verdacht. Weil es einfach richtig lustig ist!
Zum Shop & Blog – Koch Dich Türkisch
Weitere Beiträge findet ihr in unserem Blog.
Wenn ihr mehr über die türkische Kultur erfahren möchtet oder türkische Rezepte zum Nachkochen sucht, findet ihr hier unsere Koch- und How-To-Videos auf Youtube, Facebook und Instagram. Alle diese Produkte findet ihr auch in unserem Ladenlokal in Düsseldorf.
Ich war gestern echt vor dem Herzkoller! Aber das Beste ist die Praxis, gestern hat eine Angestellte von uns doch den Vogel abgeschossen! Sie möchte nicht das hier Moscheen gebaut werden, weil man ihr die Reiselust auf die exotischen Länder nehmen würde!!!!
Der ist gut oder??
Und Sie gehört nicht zu den Menschen in diesem Land mit Bildungsdefizit, falls einer das irgendwie entschuldigen möchte!!
Auch wenn ich Ihre Position verstehen kann (ich habe einen alten deutsche Namen, den mindestens die Hälfte meiner Mitbürger nicht korrekt aussprechen, und bestimmt nicht als deutsch identifizieren, und nein: es ist nicht „Etet“), so kann ich aus eigener Familienerfahrung sagen: Zeit schleift. Wir haben in meiner Familie litauische, lettische, masurische, russische, etc. Namen und ja doch, die allermeisten waren oder wurden Deutsche, kein Zweifel daran. Aber man kann im Stammbaum sehr schön sehen, wie allzu komplizierte Namen im Laufe der Generationen vereinfacht wurden, oder der Familienname der Frau gewählt wurde. Man kann das böswillig als „Eindeutschung“ oder „Kultur-Ignoranz“ etikettieren – ich würde eher sagen eher sagen: unvermeidliche Faulheit. Deswegen heiße ich jetzt nicht Szenguleit oder Sbrezcny…aber ich weiß, das sie da waren, meine Vorfahren, die auch andere Sprachen sprachen und eventuell ganz woanders herkamen. Es bleibt Teil meiner Identität zu wissen, nicht nur von einem niedersächsischen Kartoffelacker abzustammen. (Auch wenn ich jetzt einem Namen habe, der dazu passt….)
Hallo, ich verstehe ihre Historie sehr gut. Das ist auch vollkommen in Ordnung, dass sich Namen in der Geschichte verändern. Jedoch ist es in der türkisch (osmanischen) Geschichte eine recht junge Entwicklung, dass man Nachnamen hat und lateinische Buchstaben nutzt. Daher finde ich es schade, wenn man dies durch Unwissenheit (beim Amt auf der PC-Tastatur) oder im Alltag vergisst. Diese junge Geschichte sollte man weiterleben.
Hej, ich selbst bin mit einem Türken zusammen, sein Name (Cihan) ruft zwar immer Probleme mir der Aussprache hervor, allerdings sind keine türkischen Buchstaben enthalten. Für uns ist das Namensthema auch nochmal ein anderes, geben wir dem Kind einen deutschen oder einen türkischen Namen? Oder was ganz anderes? Dass die Buchstaben hier in D nicht richtig geschrieben werden, finde ich nicht gut, gerade im Personalausweis. Wobei dann auch wieder das Problem der PC-Tastatur gegeben ist (dies ist nicht meine Sicht, da ich mit schwedischer Tastatur sowohl deutsch als auch türkisch schreibe).
Was mir zu der Frage “Welchen Namen gebe ich meinem Kind” eingefallen ist: Vor einer Weile wurde in D eine Studie zu den Vornamen der Kinder und deren Behandlung in der Schule herausgekommen. Dort schnitten v.a. Namen, die man mit negativen Vorkommnissen verbindet, sehr schlecht ab. So bekamen Kevin und Jaqueline von vorne herein schlechtere Noten. Die Benotung von SchülerInnen mit fremdartigen Namen wurden in dieser Studie nicht untersucht.
Diese Tatsachen finde ich sehr schade! Wieso kannman bei der Namensgebung seines Kindes nicht einfach einen schönen Namen suchen, sondern muss sich mit solchen Fragen beschäftigen?
Hallo Katha, du hast absolut recht. Es ist schon schade, dass wir die Namensgebung anhand von gesellschaftlichen Hindernissen und Vorurteilen lenken müssen. Es gab ja auch schon Namen, die mit bestimmten Ereignissen als Trend genommen wurden (Boris, Amelie) oder andere, die dann in Vergessenheit geraten sind. Aber das sollte uns doch nicht zu sehr beeinflussen. Wir müssen unseren Kindern das Selbstbewusstsein geben, ihren Namen mit seiner Herkunft zu kennen.
Bei der der Problematik mit deutsch-türkischen Paaren und deren Kindernamen kenne ich es aus meinem Umfeld, dass ein Doppelname gewählt wird. Fände ich persönlich auch ganz schön. Aber ich will dich nicht beeinflussen, dass soll ganz und allein eure Entscheidung sein. Viel Erfolg bei der Wahl! :)
PS: Hier noch ein Artikel aus der Zeit zu dem Thema Vornamen-Studie: http://www.zeit.de/wissen/2009-9/vorurteile-namen-grundschullehrer
Hallo Orhan,
ich habe schon in verschiedenen Ländern gelebt…und habe es immer als selbstverständlich hingenommen, dass sich keiner die Mühe gemacht hat, meinen Namen mit dem korrekten Umlaut zu schreiben…Wie gesagt, ich denke wirklich, dass es sich hierbei keinesfalls um Ignoranz oder Bösartigkeit, sondern banal um menschliche Faulheit handelt. Es gibt natürlich immer Menschen/Familien, denen aus verschiedensten Gründen die korrekte Schreibung ihres Namens besonders wichtig ist. Aber über die Menge gesehen denke ich, dass sich viele türkische Namen im Deutschen verschleifen werden, wie auch deutsche im Englischen, usw., usw. Ganz so lange gibt es ja noch nicht so viele Türken in Deutschland… ! Ich schlage vor: wir kommentieren in der nächsten Generation noch mal, das wäre so 2030, ok? Und in Ansätzen (den Vornamen) geht es ja auch schon “andersherum”: es gibt ja jetzt schon “Fatima Großkurt” und “Soraya Zierling” (alle Eltern seit Generationen vom hiesigen Kartoffelacker!) Vor 15 Jahren wäre das noch total abstrakt gewesen. Spannendes Thema!
Zu Katha: ganz so einfach ist das nicht. Es gibt den Familiennamen, den man einfach “hat”, die Wahlmöglichkeiten sind eingeschränkt. Und es gibt den “given name”. Den hat das Kind dann auch einfach, aber er sagt meistens viel mehr aus. Von den Eltern gegebene Namen sind immer auch Ausdruck einer Hoffnung und einer Haltung – oder eines Mangels daran. Man konnte sein Kind in den 40ern Bringfriede oder Adolf nennen. Oder einer Tochter in den 60ern einen “heiteren italienischen” Namen wie Claudia geben, oder eben einen aus einer Wagneroper: Sieglinde? Oder in den 80ern einen aus einem Bradley-Roman oder aus dem Ikea-Katalog…you get ist. Natürlich sagt das vor allem etwas über unsere Herkunft aus, das liegt in der Natur der Sache. Das war aber IMMER schon so….das ist nicht immer schön (ich möchte an dieser Stelle dem kleinen Frederic-Chopin aus unserem Kindergarten alles Gute für seine Zukunft wünschen!) Und auch, wenn ich denke, dass sich vieles bei den Familiennamen verschleift, die Sache mit den Vornamen sicher nicht. Sonst könnten wir uns den ganzen Zirkus um die Namen sparen. Und das wäre doch schade… (Sagt übrigens jemand, der seiner Tochter erst 10 Tage nach der Geburt ihren Namen gegeben hat, ähäm…)
Für alle die Freaks die sich wie ich abmühen türkisch zu lernen und korrekt auf dem Computer zu buchstabieren nur eine Adresse:http://keyboard-layout-creator.soft-ware.net/download.asp.(für windows)
Das ist gratis und ermöglicht mit ein bisschen Klempnerei die Tastatur so zu belegen dass man der türkischen Rechtschreibung voll gerecht wird.
Wenn ich nun den folgenden in Klammern gesetzten Satz (Çabuk karşıdakı lokantadan bir şeyler al getir !) absende, wird der dann auch von “Koch dich …” getreu widergegeben.
Ja klappt prima sogar die Dreckfuhler werden naturgetreu reproduziert. Es muss natürlich karşıdaki heissen.
Hallo, ich habe Eure Seite erst neu entdeckt und bin dabei, die interessanten Artikel durchzulesen. Ich kann den Ausruf “Mein Name ist türkisch, also sprich ihn auch gefälligst so aus oder versuch es zumindest!” kann ich gut verstehen. Mein “Problem” ist aber genau andersherum. Ich habe einen deutschen Ehemann und folglich ist mein Nachname deutsch, aber komischerweise werde ich z.B. im Wartezimmer beim Arzt irgendwie ausländisch aufgerufen. Die Leute sehen den türkischen Vornamen und meinen aus einem normalen deutschen Namen wie Kleina “Kle-ina” machen zu müssen. Ich sag dann immer nur: “Das ist ein deutscher Nachname, Sie können ihn ruhig deutsch aussprechen!” Na ja, vielleicht meinen es manche Deutsche eben zu gut damit, ausländische Namen auch ausländisch aussprechen zu müssen…
Es gibt so gut wie keine türkischstämmigen Kinder mit deutschen Vornamen. Meiner Meinung nach ist das vor allem ein Ausdruck der Gerinschätzung gegenüber den Deutschen.
Na na na, Naja! Dann möchte ich mal bitte alle im Ausland lebenden Ursprungsdeutschen mal erleben, die ihren Kindern spanische, afrikanische Namen etc. verpassen….Sehen Sie? Gibt es auch nicht!
Sie wollen hier Äpfel mit Birnen vergleichen: denn es hat nicht im geringsten damit zu tun, dass man die Ursprungsdeutschen gering schätzt!
Also mir tut das auch immer in den Ohren weh, wenn mein Nachname falsch ausgesprochen wird: Es ist ein “Z” enthalten. Und da ich es nicht ertragen kann, korrigiere ich die Personen. Mein Mann spricht es schon deutsch aus, was zu Diskussionen zwischen uns führt, was wiederum unsere ursprungsdeutschen Freunde amüsiert :-) Aber ich finde, es ist nicht so schlimm, wenn man sie darauf hinweist und bei den meisten ist das auch kein Problem! Glücklicherweise ist mein Vorname ganz einfach auszusprechen – meinen Eltern sei Dank. Und bei unseren Kindern haben wir uns bewusst für türkische Namen entschieden, die aber auch auf deutsch ganz leicht ausgesprochen werden können. Damit wollten wir Ihnen das ewige Herumkorrigieren ersparen – im Hinblick auf den Vornamen natürlich :-)
Selam Orhan,
vielen Dank, dass Sie dieses Thema aufgreifen.
Ich finde es ebenfalls unmöglich, dass türkische Namen nicht richtig ausgesprochen und geschrieben werden.
Interessant ist es vor allem, wenn man bedenkt, dass tschechische oder serbo-kroatische Namen, die ein “c” enthalten und wie im türkischen “tsch” ausgesprochen werden, von der deutschen Bevölkerung immer korrekt artikuliert werden, bspw. Kovac, Milovic, etc.
Daher sollten wir unsere deutschen Mitbürger bei jeder Gelegenheit auf die richtige Aussprache hinweisen. Hier ist Zurückhaltung und auf deutsche Aussprache des Namens auszuweichen völlig fehl am Platz.
Danke für den Klasse Kommentar!!
bzgl. Namensgebung hätte ich noch eine interessante Anekdote eines Freundes zu liefern:
Sein Schwiegervater weißt Ihn auf evtl. Schwierigkeiten wegen seines Nachnamens hin und mögliche Barrieren im zukünftigen Leben eines Kindes. Darauf antwortet mein Freund, der Altuntas mit Nachnamen heißt, was halten Sie davon, wenn ich meinen Nachnamen ins deutsche übersetze, Goldstein; Daraufhin erschrickt der Schwiegervater und sagt, nein, nein, das ist nicht notwendig, behalte deinen türkischen Namen.. :)
Pingback: 5 Jahre KochDichTürkisch > Interviews mit den Machern > Bettina …und warum das R gerollt wird! | KochDichTürkisch